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Tag 7 : irgendwo 70 km südlich von Meknès – Marrakesch

Blogged in Allgemein by Adrian · 7. Dezember 2010, 12:17

Tag 7 : irgendwo 70 km südlich von Meknès – Marrakesch
Tag 7 : irgendwo 70 km südlich von Meknès - Marrakesch
Im Gegensatz zu den Anderen schlief ich nicht in der Wagenburg, sondern im Auto. Zu den Anderen sagte ich, dass ich mir so einen weicheren Schlaf als auf dem harten steinigen Boden erhoffte. In Wahrheit hatte ich einfach Angst. Angst nachts wehrlos in meinem Zelt überfallen zu werden. Ich schlief also in halb sitzender Position auf dem Fahrersitz mit dem Schlüssel im Zündschloss, verriegelten Türen und griffbereitem Messer.
Für diese europäische Paranoia wurde ich aber angemessen bestraft. Es war eine der schlechtesten Nächte meines Lebens: Rebecca quatschte laut mit Ismail (welcher mit seinem Pick-up und stetig alkoholisierter immer wieder auftauchte und mich hochschrecken ließ) bis ca. 5:30 Uhr. Danach unterhielten Jan und Atze mich mit ihrem Schnarchkonzert und die sternklare Nacht brachte die Temperaturen in einstellige Regionen. Dementsprechend gab ich es gegen 6 Uhr auf, nochmal ein Auge zu zu tun.
Belohnt wurde ich mit einem wunderschönen Sonnenaufgang, bei dem ich zu sehen durfte, wie er immer mehr und mehr die Sterne überstrahlte:
PB130166
Ismail hatte abends gesagt, wir sollten auf keinen Fall abfahren, bevor er uns nicht ein Frühstück serviert hätte! Er hatte extra einen seiner Schafhirten in der Nähe unseres Lagers postiert, welcher, kurz nachdem auch die Anderen erwacht waren, erst einen Tisch und dann reichlich zu essen brachte. Ismail ließ uns Fladenbrot, Honig, Käse, ein Omelett, Olivenöl, Butter, Pfefferminz-Tee und frisch gepflückten Salbei sowie weitere Gewürze kredenzen:
Moroccan Breakfast
Es war ein leckeres Frühstück und eine tolle Stimmung!
Ismails Angestellter wartete in einiger Entfernung, bis wir aufgegessen und -getrunken hatten. Wir ließen extra ein Stück Fladenbrot übrig, damit es nicht so aussah, als wären wir nicht satt geworden.
Schon in der Nacht hatte Ismail Geld abgelehnt, dass wir ihm für die Übernachtung geben wollten. Um uns trotzdem für die Gastfreundschaft und seinen Schutz zu bedanken, übergaben wir dem Angestellten eines von unseren Metall-Feuerzeugen, ein Zigaretten-Etui mit 200 Dirham (ca. 16€) („für die Kinder“ – ansonsten wäre Ismail beleidigt gewesen, weil wir ihn für arm halten würden) und für den Hirten eine Schachtel Marlboro. Ismail selbst war leider unterwegs, so dass ein persönlicher Dank leider nicht möglich war.
Die Nacht bei Ismail sollte eines von vielen Beispielen arabischer Gastfreundschaft auf unserer Reise sein. So arm die Leute im Vergleich zu uns auch waren: Man begegnete uns offen, freundlich und höflich. Das hatte ich ehrlich gesagt so nicht erwartet.
Nach der herzlichen Verabschiedung setzten wir gegen 10 Uhr unsere Fahrt durch den Atlas fort.
Unser Weg führte uns über atemberaubende Serpentinen, welche sich an Steilhänge klammerten hinauf zu den Wasserfällen von Ouzoud.
Die lediglich geschotterte Strecke war teilweise so steil, dass ich den Kopf aus dem Seitenfenster strecken und bestimmt hundert Meter in die Tiefe spucken konnte. Die Frage nach Leitplanken oder Begrenzungen erübrigt sich.
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Antje meisterte mutig diese fahrerische Herausforderung trotz ihrer Höhenangst!
Die Wasserfälle selbst waren atemberaubend!
Ouzoud Falls
Man konnte ohne jegliche Absperrung an die Abbruchkante heran treten und den über hundert Meter tiefen Fall des Wassers bewundern:
Right At The Edge
Wer an dieser Stelle aufgrund der Höhe kein mulmiges Gefühl im Magen bekommt, ist nicht normal!
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Wir machten ein paar tolle Fotos, während die Anderen schon oberhalb der Fälle in einem Sammelbecken badeten. Antje trug keine Schuhe, als wir einen mit Scherben und Kronkorken übersäten Innenhof überqueren wollten, um zu den anderen zu gelangen. Ich nahm sie daher huckepack. Dies missviel anscheinend dem Aufseher, welcher uns sehr ärgerlich und laut mit den Worten: „If you want to play, play outside!!“ den Zutritt verwehrte.
Anscheinend ist es im Islam nicht angebracht Freitags Frauen zu tragen…
Einer Erklärung war der Herr nicht zugänglich. So fiel das Bad für Antje und mich leider aus.
Wieder bei den Autos befüllten wir den Saab von Atze und Jan aus unserem Reservekanister. Die Jungs hatten die letzte Tanke vor 150 km verpasst und ihr Auto ging in den Serpentienen in Linkskurven schon immer aus.
Unsere nächste Station, Marrakesch, erreichten wir mal wieder im Dunklen.
Erster Halt war ein riesiges Einkaufszentrum. Während die Anderen gierig den extra abgesicherten Alkoholverkauf aufsuchten, bestaunten Antje und ich die exotische Obst- und Gemüseabteilung. Wir deckten uns mit Orangen, Mandarinen, Paradiesäpfeln und Mangos ein. Lecker!
Dann teilte sich die Gruppe. Die Anderen gingen zu Pizza Hut, um noch ein letztes Mal „westlich“ zu essen, wir hingegen machten uns auf den Weg zum Campingplatz. Dort angekommen stellten wir nach einiger Rangiererei fest, dass der Kühler von Cobra I überkochte!
Ich hatte das bisher nicht bemerkt, da natürlich auf der Seite der Temperaturanzeige die Tachobeleuchtung defekt war.
Während Antje das Abendessen vorbereitete und Tobias die Zelte aufbaute, nahm ich mit Hilfe des Werkstatthandbuchs eine erste Schadensdiagnose vor.
Ich überbrückte den Temperaturschalter mit einem Stück Tüddeldraht am Diagnosestecker und schon sprang der Lüfter an. Damit war der Lüfter als Übeltäter schon mal raus.
Mit diesem beruhigenden Wissen und einer ebenfalls überprüften und augenscheinlich noch dichten Zylinderkopfdichtung verschob ich alles weitere auf morgen. Der schnelle Ritt über Land hatte wohl auch Schlimmeres verhindert. Hungrig machten wir drei uns über das Abendessen her. Es gab Nudeln mit pürierten Tomaten zum selber würzen mit Knoblauch, Pfeffer und Salz. Wenn man wie wir seit Tagen nichts warmes gegessen hat und der Hunger riesig ist, ist auch ein solch einfaches Essen ein Genuss!
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Tobias ging danach noch duschen, während ich schon in meinen Schlafsack kroch.
Er kam mit den Worten zurück, dass er sich nicht wesentlich sauberer fühlen würde, da die Duschen selbst im afrikanischen Sinne versifft wären.
So schliefen wir erschöpft und schmutzig gegen 01:00 Uhr ein.

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